Mut zur Vision – Zitat von Henri Matisse

Ich stelle mal eine Frage: Muss ich immer zuerst eine Vision haben? Ein Bild davon, was ich erreichen möchte?

Wenn es zum Beispiel um konkrete Ziele geht, die ich anstrebe, dann ist es vermutlich sinnvoll, sich diese Ziele bildlich und im Detail auszumalen. Wenn ich vor mir sehe, was genau ich erreichen möchte, dann erkenne ich auch leichter den Weg, der dorthin führt, erkenne die einzelnen Schritte, die mich meinem Ziel näher bringen.

Aber wie ist das bei kreativen Prozessen?

Ich glaube, da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich kann entweder zuerst eine Idee entwickeln, sie ausarbeiten und mich dann auf sie zubewegen. Oder ich kann loslaufen und schauen, wohin mich mein Weg führt.

Ich kann der Vision folgen oder der Intuition.

Ich denke, beide Möglichkeiten bieten Chancen und Gefahren.

Folge ich nur der Intuition, laufe ich vielleicht in eine Richtung, die mich irgendwann nicht mehr weiterbringt. Ich mache Umwege, gerate in Sackgassen. Die können mich frustrieren, können aber auch neue Erkenntnisse bringen. Ich entdecke womöglich etwas, das ich mir so nie hätte vorstellen können.

Möchte ich eine Vision entwickeln, muss ich mir etwas vorstellen, das es so noch nicht gibt. Dazu gehe ich aber immer von dem aus, was ich weiß, von meinen Erfahrungen. Ich versuche, darüber hinaus zu denken, und das ist alles andere als einfach. Vermutlich ist es das, was Matisse meint, wenn er von “einem kreativen Vorgang, der Anstrengung erfordert” spricht.

Und wo kommt jetzt der Mut ins Spiel?

Eine Vision umzusetzen trifft häufig auf Widerstand. Der kann von innen kommen, weil wir unsere Komfortzone nur ungern verlassen, auch wenn wir einen Traum, eine spannende Idee haben. Oft werden wir aber von unserer Umgebung ausgebremst, die mögliche Veränderungen, die unsere Idee mit sich bringt, nicht mag.

Mir fällt dabei Monet ein, der in seinem Bild “Impression, Sonnenaufgang” von 1872 das Licht an der Seine eingefangen hat in einer Art zu malen, die damals neu und überhaupt nicht gewünscht war. Es brauchte für ihn und die anderen Impressionisten Mut, bei ihrer Darstellung von flüchtigem Moment und Licht zu bleiben, auch wenn sie mit diesen Bildern nicht zur wichtigsten Kunstausstellung, dem Pariser Salon, zugelassen wurden.  

Für mich persönlich versuche ich eine Mischung zu finden aus Intuition und Vision.

Ich spiele mit meinen Materialien, ich experimentiere, ich lasse mich inspirieren. Und irgendwann kommt (im besten Fall) ein Moment, in dem ich eine Idee habe, die ich weiter verfolgen möchte. Ich mache mir Gedanken dazu und entwickele ein Konzept, das dann – hoffentlich – mein künstlerisches Arbeiten ein Stückchen weiterbringt.

Ein Beispiel ist das Projekt “Behausungen”, das aus dem Spiel mit quadratischen Fotoausschnitten, Aquarellstiften und Fineliner entstanden ist.

Wie ist das bei euch? Vision oder Intuition? Was steht bei euch am Beginn des kreativen Prozesses?

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