Den eigenen Blick nutzen – Zitat von Édouard Manet

Dieses kurze Zitat enthält für mich alles, was als Künstler*in wichtig ist. Ich weiß nicht, ob Manet es so gemeint hat, wie ich es hier interpretiere. Aber vielleicht ist das auch egal, denn es geht mir ja darum, Zitate als Startpunkt für meine Gedanken zu nutzen.

Was also fällt mir bei Manets Worten ein?

“Ich male, was ich sehe, …”

Sehen ist die Basis der (gegenständlichen) Malerei. Wenn wir etwas darstellen möchten, sei es eine Landschaft, eine Person, ein Stillleben, dann müssen wir zuerst mal genau hinschauen und wahrnehmen, was wir da vor uns haben. Und dabei kommt uns gerne unsere Vorstellung der Dinge in die Quere.

Wenn ich ein Haus malen will, dann habe ich eine Idee, wie ein Haus aussieht. Und diese Idee überlagert das, was sich vor mir befindet. Wenn ich nicht aufpasse, dann male ich die Idee statt des konkreten Hauses, und dadurch verliert mein Motiv seine Besonderheit.

Ich muss also lernen, das Haus nicht als solches wahrzunehmen sondern als – ja, als was eigentlich? Ich denke gerade an Ian Roberts und seine Videos. Darin legt er immer wieder den Schwerpunkt auf die Flächen und Formen. Ein Motiv setzt sich aus Formen zusammen. Und wenn wir diese Formen in ihren unterschiedlichen Größen, Tonwerten, Farben sehen und in ihrer Relation zueinander malen, dann ergibt sich das Motiv wie von selbst.

Sehen heißt also auch, vom konkreten Objekt der Betrachtung zu abstrahieren und in Bildelementen zu denken.

“… und nicht, was andere zu sehen belieben.”

Wenn ich male, dann steht meine Sicht der Dinge im Mittelpunkt. Als Künstlerin ist es meine Aufgabe, meinen Blick auf die Welt in meine Bilder einfließen zu lassen. Dieser Blick ist etwas sehr Persönliches, denn er gründet in meinen eigenen Erfahrungen und Empfindungen und ist damit etwas Einmaliges.

Und dabei darf ich mich nicht von den Meinungen anderer beeinflussen lassen, so schwer das manchmal auch fällt.

Wir freuen uns über Lob und Anerkennung, Kritik dagegen verunsichert uns oder verletzt uns sogar. So weit, so menschlich. Was aber, wenn wir Lob und Kritik als eine Art Leitplanken nutzen würden? Wenn wir das malen, was gefällt, und das bleiben lassen, was auf Ablehnung stößt? Wir wären komplett abhängig von anderen, wir wären nicht mehr eigenständig. Vielleicht würden wir sogar ständig schwanken, weil dasselbe Bild von den einen für gut, von anderen für schlecht befunden wird. Was also sollen wir glauben?

Deshalb ist es so wichtig, uns nicht von den Meinungen anderer verunsichern zu lassen. Das heißt nicht, dass wir uns nicht mit Kritik, mit konstruktiver (!) Kritik auseinandersetzen sollen. Denn wir wollen uns ja weiterentwickeln.

Aber die Instanz, die entscheidet, was und wie wie malen, die sind wir selber und niemand anderes.

2 Kommentare zu „Den eigenen Blick nutzen – Zitat von Édouard Manet“

  1. Gertrud Nussbaumer

    Liebe Uta

    Was für Maler gilt, könnte auch für Schreiberinnen gelten: Ich schreibe, was ich fühle denke und fühle, und nicht, was andere zu lesen wünschen.
    Kudos für den Schlusssatz!

    Danke!

    1. Liebe Gertrud,

      danke dir für deinen Kommentar.
      Ja, es gilt grundsätzlich für alle Künstler*innen, denke ich.
      Ich schreibe selber ja auch (heute weniger als früher, jedenfalls weniger Belletristisches), und auch da finde ich es wichtig, das auszudrücken, was aus mir kommt.

      Herzlichen Gruß, Uta

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