Im letzten Zitat des Monats ging es ums Scheitern, heute geht es um die Produktion von Müll. Klingt erstmal negativ, oder? Ist es aber nicht.
Keine Ahnung, wo ich dieses Zitat gefunden habe. Als ich die Worte von James Clear gelesen habe, fand ich sie sehr befreiend und habe sie für euch mitgenommen.
Ich musste dabei an die Regeln beim Brainstorming denken: Alles, was uns zu einem Thema, einer Frage einfällt, wird gesammelt, egal wie „verrückt“ uns die Idee erscheinen mag. Nichts wird bewertet. Alles ist erstmal gleich gut und wichtig.
Quantität geht vor Qualität, die schiere Masse an Ideen ist das, wonach wir im Brainstorming streben. Der kreative Fluss soll nicht gestört werden. Gesichtet wird später.
Wenn es um das Notieren von Ideen geht, haben wir noch relativ wenig Hemmungen, „Müll“ zu produzieren. Es kostet ja nichts extra, ein paar Worte zu sagen und aufzuschreiben.
In dem Moment, wo wir mit materiellen Dingen zu tun haben, wo es um Papier oder Leinwand und um Farbe geht, sehen wir das meistens nicht mehr so gelassen. Diese Dinge kosten schließlich Geld und dürfen nicht verschwendet werden. Wenn wir sie und unsere Zeit investieren, sollen sie uns auch einen Nutzen bringen. So sind viele von uns vermutlich erzogen worden. Und so reagiert auch häufig unser Umfeld aus Partnern, Familie, Freunden.
Nutzen = Brauchbar?
Aber bedeutet Nutzen immer auch etwas Vorzeigbares? Etwas Fertiges? Etwas Brauchbares?
Bei einer Musikerin wird keiner in Zweifel ziehen, dass sie viele Stunden lernen und üben muss – und dabei wird viel „Müll“ zu hören sein -, bevor sie auf einer Bühne stehen und ein Konzert geben kann. Der Nutzen dieser vielen Stunden ist nicht sofort sichtbar, trotzdem ist er da.
Warum soll das bei bildenden Künstler*innen anders sein?
Vielleicht glauben wir das, weil wir immer noch diesen Gedanken an das künstlerische Genie im Hinterkopf haben. Als ob Michelangelo oder Pablo Picasso nur Meisterwerke hervorgebracht hätten.
Picasso ist ein gutes Stichwort. Er hat in seinem Leben immer wieder Neues ausprobiert, hatte verschiedene „Perioden“, hat sich immer weiterentwickelt. Dazu musste er seine Komfortzone verlassen, den Bereich, in dem er sich sicher bewegte.
Und das gilt für jedes „kreative Unterfangen“.
In diesem Monat beschäftige ich mich ja ausgiebig mit verschiedenen – zum Teil für mich neuen – Techniken, um Collagepapiere zu gestalten. Und auch da gibt es Fehlversuche, Ausschuss, Müll (na ja, irgendwie kann man die Papiere immer gebrauchen, selbst wenn sie nicht so toll geworden sind). Ich finde es wichtig, sie zu zeigen, damit nicht der Eindruck entsteht, alles wäre easy und würde immer funktionieren. Tut es nämlich nicht, bei keinem von uns.
Wenn wir nur das machen, was wir gut können, werden wir auf der Stelle treten. Wir müssen den Mut haben, Schritte in eine neue Richtung zu gehen. Die Sackgassen, in die wir dabei vielleicht geraden, die Umwege, die wir machen, sie gehören zu unserer kreativen Reise dazu.