Mein erster Gedanke: Picasso meint nicht „abstrakt“ sondern „gegenstandslos“.
Diese beiden Begriffe verwenden wir gerne wie Synonyme, aber das sind sie nicht. Wir benutzen auch meist den Begriff „abstrakt“ als Gegensatz zu „gegenständlich“ – auch das stimmt so nicht.
Der Gegensatz von „gegenständlicher Kunst“ ist „gegenstandslose Kunst“, also eine Kunst, die nichts aus der Realität als Ausgangspunkt nutzt.
Gegenständliche Kunst zeigt eine große Bandbreite von Fotorealismus bis hin zu einer stark abstrahierten Darstellung des Bildgegenstandes. Schon das zweidimensionale Bild auf der Leinwand oder dem Papier ist ja eine Form der Abstraktion von der dreidimensionalen Wirklichkeit.
Wenn also Picasso davon spricht, „Spuren der Realität“ zu entfernen, dann meint er den Prozess der Abstraktion.
„Du musst mit ETWAS anfangen.“
Dieses „etwas“ von Picasso trifft genau den Punkt. Wenn wir zeichnen oder malen, wenn wir Collagen erstellen, wenn wir irgendwelche Objekte formen wollen, dann brauchen wir einen Ausgangspunkt. Wir brauchen eine Idee, eine Inspiration, ein Thema.
Wenn ich einfach nur Farbe auf eine Leinwand pinsele, streiche, kleckse, dann ist das Farbe auf einer Leinwand, nicht mehr. Es hat keine Bedeutung, weder für mich, noch für diejenigen, die sich diese Leinwand vielleicht später anschauen. Wenn ich Glück habe, wirkt das Ergebnis dekorativ, aber das war es dann auch.
Ich glaube, die meisten Videos zum Thema „Wie ich schnell und einfach ein abstraktes Bild male“ haben als Ergebnis rein dekorative Bilder. Wenn das mein Ziel ist, dann ist das auch völlig in Ordnung.
Aber Kunst? Kunst ist mehr als nur dekorativ. Kunst transportiert etwas, zum Beispiel meine Empfindungen und Gefühle. Oder meine Gedanken zu einem Thema wie Mensch, Natur, Umweltkrise. Oder meine Erfahrungen mit kunst-internen Dingen wie Farben, Formen, Linien.
Ich starte ein Bild oder eine Serie von Bildern mit einer Vorstellung, was ich ausdrücken möchte. Ich habe ein Motiv und entscheide, was davon für mein Bild wichtig ist. Was male ich und was lasse ich weg? Wie nah bleibe ich an der Realität, wie weit entferne ich mich von ihr? Wie kann ich das, was mich bewegt, mit künstlerischen Mitteln in das Bild einfließen lassen?
Die Antworten auf diese Fragen kann uns niemand geben, wir müssen sie selber suchen und finden. Genau das ist es, was Künstler*innen tun, wenn sie arbeiten.
Hallo Uta,
ein sehr schöner Blogbeitrag. Tolle Gedanken auf den Punkt gebracht.
Solche Texte mag ich sehr …
Schöne Grüße Elke
Hallo Elke,
ich lasse mich gerne von Zitaten inspirieren zu weiteren Gedanken. Schön, wenn sie ankommen.
Herzlichen Gruß
Uta